Ritt auf lahmenden Gäulen – Sicherheit, Komfortzone und der erste Schritt in neues Terrain
- Posted by Alice Rombach
- On 20. Juni 2021
- Expeditions
Als mein damaliger Freund, mit dem ich erst wenige Tage zusammen war, mich fragte, ob ich kurze Zeit später auf eine vierwöchige Wildnisexpedition in Lappland mitkommen wollte – wir würden uns hauptsächlich aus der Natur ernähren – zögerte ich keine Sekunde. Aber nicht in erster Linie, weil er mich gefragt hatte, sondern weil sein Angebot einem Ruf entsprach, den ich schon seit einiger Zeit in mir gehört hatte. Ich spürte keine Angst, auch nicht mal unbedingt Mut. Was ich sofort spürte war Aufregung und Respekt vor dem Vorhaben, gepaart mit Entschlossenheit und Vorfreude.
[blockquote] Die mittlere Lebenserwartung von Unternehmen auf der Nordhalbkugel liegt bei nur zwanzig Jahren. Der Grund ist, dass Unternehmen und Unternehmer träge werden und sich auf ihren Stärken ausruhen sobald sie ein bestimmtes Niveau erreicht haben. So sitzen sie immer weiter auf ihrem Pferd, ohne genau hinzuschauen und merken nicht, dass der Gaul längst lahmt. [/blockquote]
Dies kann zu einer echten Barriere werden, die die Organisation oder Einzelne ausbremst. Es ist quasi ein stehengebliebenes Bewusstsein oder Mindset, dem das Update fehlt und das ein altes Programm immer wieder abspult. Was vor zwei oder zehn Jahren vielleicht schützend und sicher sinnvoll gewesen ist, ist es heute nicht mehr unbedingt, weil es für die jetzt notwendigen Strategien, Handlungen und Reaktionen gar nicht mehr passend ist. Im Gegenteil, es bewirkt ein Steckenbleiben in einer „falschen“ Sicherheitszone, die Wachstum und Entwicklung verhindert. Entscheidend für Unternehmer, einzelne Menschen genauso wie beispielsweise als Bergsteiger, ist es diese Sicherheitszonen voneinander unterscheiden zu lernen.
Die Folge ist, dass das Unternehmen, das Team oder Einzelne sich in der selbst geschaffenen Komfortzone halten. Und oft passt das zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu der Mission mit der eine Unternehmerin damals angetreten ist, mit der eine Organisation gegründet wurde oder zu der Überzeugung mit der jemand seinen Berufsweg begonnen hat oder eine Kampagne gestartet hat.
[blockquote] Voller Leidenschaft, Haltung und dringender Notwendigkeit. Denn Unternehmen und Einzelne müssen sich fortwährend inspirieren und stimulieren lassen und sich in Teilen immer wieder neu aufstellen und neu erfinden. Um zu wachsen und Mehrwert schaffen zu können. Weil sich die Welt um sie herum fortwährend ändert. [/blockquote]
Das was früher Neuland gewesen ist, ist zur Komfortzone geworden.
Vergessen wird oft sich immer wieder in die neue Zone des neuen Unbekannten und des Entwicklungspotenzials hinauswagen. Aber das ist eigentlich Pflicht für Organisationen. Weil die Konsequenz sonst Trägheit, Unbeweglichkeit, und am Ende auch Unverantwortlichkeit damit einher gehen werden. Und das ist dann das tatsächlich größere Risiko als zu lernen und aufmerksam zu bleiben und beweglich, um immer wieder die Komfortzone zu verlassen.
Wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?
Für mich ergaben sich im alpinen Bereich jedes Jahr neue Herausforderungen, ein Berg, der mich faszinierte oder die Durchquerung einer interessanten Region, weil ich ein Gespür dafür entwickelt hatte, was für mich als nächstes anstand. Das bedeutet nicht, dass damit nicht auch einige Missgeschicke, dumme Sachen und Erlebnisse des Scheiterns verbunden gewesen waren. Aber der Ruf weitere Grenzen zu verschieben war damit sehr deutlich, der Ruf nach dem nächsten „ersten Schritt“ war immer sehr spürbar.
Ich bin überzeugt davon, dass Organisationen sich darin trainieren können und müssen ein klares Bewusstsein für ihre alte und ihre momentane Sicherheitszone zu schaffen. Und eine Unterscheidung dieser beiden zu entwickeln, um sich aus der aktuellen Komfortzone zu pushen damit sie sich entwickeln. Und ich bin der Meinung, dass wenn dieser klare Impuls gespürt wird, schnelles Handeln extrem hilfreich ist. Es bringt einen deutlichen Vorteil sehr rasch den ersten Schritt zu tun, egal wie winzig er ist, solange er entschlossen in die anvisierte Richtung führt.
Also am besten jetzt. Wenn du laufen willst, dann renne auch mit den alten Schuhen los. Wenn es eine klare Idee gibt, dann erhebe auch mit einem unfertigen Konzept die Stimme. Geh den ersten Schritt. Gute Vorbereitung, präzise Ausrüstung, der Wille und die Reflektion möglicher Konsequenzen auf dem Weg hinaus aus der bequem gewordenen Zone sind selbstverständlich eine unerlässliche Basis. Viel wichtiger ist es als Organisation den eigenen Impuls zu spüren und den Moment zu erkennen, in dem vielleicht ein chancenreicher Hinweis einer sich anbahnenden zukünftigen Entwicklung auftaucht, um eigenes Neuland zu betreten.